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2. Ursache der Klimagefahr

[0] Ursache der Klimagefahr – Überblick

 Folgende Beiträge sind für dieses Kapitel vorgesehen:

  • Wie entstand das Klimaproblem? (veröffentlicht 10. April 18)
  • Kurze Geschichte der Klimaforschung
  • Kohlendioxid schützt. Aber die Dosis macht das Gift
  • Noch mehr Probleme: Ruß auf Schnee. Andere Gase

[1] Wie entstand das Klimaproblem?

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Vielleicht brauchte er danach länger als sechs Tage und ging nicht so gradlinig vor wie das 1. Buch Mose erzählt. Zum Schluss aber waren die Erde und ihr Klima ziemlich menschenfreundlich, als unsere Vorfahren sich vor 200 000 Jahren aus einer wirren Population verschiedener Frühmenschenhorden herausbildeten.1

In dieser Zeit lag der Gehalt von Kohlendioxid-Gas (CO2) in der Luft bei 280 ppm (Parts per Million). Er sank bis auf 200 ppm, wenn Änderungen bei der Erdumdrehung die Temperaturen für ein paar zehntausend Jahre abkühlen ließen. Die Eiszeiten. Zwei davon durchlebten unsere Vorfahren2. Vor 11 700 Jahren hörte die letzte Eiszeit auf, der Kohlendioxidgehalt stieg und verharrte bei 280 ppm.3

280 Parts per Million bedeutete 280 Teile Kohlendioxid pro eine Millionen Teile Luft. Das waren nur 0,028%. Diese 0,028% hatten es jedoch in sich.

Ganz ohne Kohlendioxid-Gas wäre unser Planet bitterkalt. Minus 18 Grad. Die Erde wäre ein bläulicher Schneeball zwischen Mars und Venus. Die winzige Menge von 280 ppm jedoch sorgte dafür, dass gerade genug Wärme in der Atmosphäre blieb, um diesen Planeten zu einem menschenfreundlichen Ort zu machen. Kohlendioxid ist ein Temperatur-Regelungs-Gas: Die genau richtige Menge sorgt für ein genau richtiges Klima. 280 ppm.

Nach dem Ende der letzten Eiszeit stieg die Durchschnittstemperatur schnell und verharrte dann auf diesem Niveau. Die Erde war für die Entwicklung der Zivilisation bereitet: Eva reichte Adam den Apfel, dann folgten Ackerbau, Keramik, Töpferscheibe, Rad. Vor 6000 Jahren ging‘s richtig los: Bewässerung, Buchhaltung, Schrift, Königreiche, Streitwagen, genormte Amphoren und Dampfmaschinen4. Zivilisatorisch und technologisch stand das römische Reich um Christi Geburt schon da, wo England im Jahr 1700 immer noch stand.

Römer kamen aber nicht auf die Idee, in Maschinen zu investieren, um Arbeitskraft zu sparen. Das taten Engländer. 1733 erfanden sie den verbesserten Webstuhl „Flying Shuttle“, gut 30 Jahre später die Spinnmaschine „Spinnig Jenny“, und der Kapitalismus war geboren5. Die ersten Textilmaschinen in Lancashire waren noch Hand- oder Wasserkraft-getrieben. Mit der Erfindung der Dampfmaschine und mit billiger Kohle nahm die Sache Fahrt auf.

Moment mal: Billige Kohle?

Kohle war in England leicht verfügbar und wurde schon vorher zum Backen, Brauen, Glasblasen und Heizen genutzt. Jetzt wurde sie zum Treibstoff einer atemberaubenden Entwicklung. Bisher hatte sich die Wirtschaftsleistung pro Kopf kaum vergrößert und die Europäer waren bis auf Kaiser, König, Edelmann arm geblieben. Nun änderte sich das. Der Lebensstandard stieg ins Unermessliche: Dampfpflug und Dreschmaschine, Kanalisation, Kunstdünger, Hygiene, Penizillin, Glühbirne, Mietskasernen und Auswandererschiffe. Später kamen Treibstoffe hinzu, die noch praktischer waren: Öl und Gas.

Kohle, Öl und Gas: Im Verlauf dieser Erfolgsgeschichte wurden immer mehr davon aus dem Boden geholt. Die technische Entwicklung gründet auf ihnen, von Dampflokomotive bis zum Samsung Galaxy S8.

Kohle, Öl und Gas sind fossile Brennstoffe. Sie entstanden aus Pflanzenresten und Tierkadavern, die vor Jahrmillionen zu Öl und Gas wurden, zu Steinkohle oder zu Braunkohle. Gemeinsam ist ihnen, dass sie seit mindestens 2 Millionen Jahren, teils einer Milliarde Jahre abgeschlossen unter der Erde lagerten. Bis man sie wieder heraufholte.

Ob ein Holzscheit verbrennt oder ein Stück Kohle macht einen Unterschied.

Im Holzscheit ist Kohlenstoff (C) enthalten, dass ein Baum kurz zuvor mithilfe von Sonnenenergie aus dem Kohlendioxid (CO2) der Luft erzeugt und in sein Holzgerüst eingebaut hatte. Durch die Verbrennung des Holzes verbindet sich der Kohlenstoff mit Sauerstoff, wird wieder zu Kohlendioxid und entweicht in die Atmosphäre. Dies ist ein Kreislauf innerhalb der belebten Oberfläche der Erde, der Biosphäre. So bleibt der Gehalt an Kohlendioxid im Jahresdurchschnitt gleich.

Der Kohlenstoff im Stück Kohle stammt jedoch nicht aus der Luft; er wurde nicht kurz zuvor vom Baum herausgesaugt und gebunden. Dieser Kohlenstoff war seit mindestens einer Million Jahre unter der Erde. Durch die Verbrennung der Kohle entsteht Kohlendioxid, das in die Atmosphäre entweicht, dort aber vorher nicht war. Dies ist kein Kreislauf, sondern eine ZUSÄTZLICHE Anhäufung dieses wichtigsten Klima-Gases in der belebten Oberfläche der Erde, der Biosphäre. 6

So wurden Flying Shuttle und Spinning Jenny, die kapitalistisches Denken in die Welt brachten und damit die industrielle Dynamik entfesselten, zum zweiten Sündenfall: Denn die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas verwandelte Kohlenstoff, der seit Jahrmillionen von der belebten Sphäre der Erde abgeschlossen gelegen hatte, in das Gas Kohlendioxid und entließ ihn so in die Atmosphäre. So entstand neues Kohlendioxid, zusätzlich zu jenem Kohlendioxid, das die Temperatur des Planeten in den letzten 11700 Jahren so gleichmäßig gehalten hatte. Nun reicherte sich ein Übermaß an. Die Kohlendioxid-Konzentration nahm zu und begann, weltweite die Temperaturen in die Höhe zu treiben.

Früher hatte man geglaubt, die unendliche Natur würde dieses zusätzliche Kohlendioxid irgendwie wieder binden.

Ein Irrtum, wie sich herausstellte.


1. So der augenblickliche Stand der Forschung, schön nachzulesen in BAHNSEN, Ulrich, 2014. Familie Mensch: Der Aufstieg des Homo sapiens begann in einem Schmelztiegel afrikanischer Urvölker. Neue Befunde verraten erstmals Details über die Geburtsstunde unserer Spezies. DIE ZEIT. 15. 09.2016, No. 39. Online: http://www.zeit.de/2016/39/evolution-mensch-homo-sapiens-anthropologie, abgerufen 29.9.17

2. Die Neandertaler erlebten vier Eiszeiten. Nach der vierten verlieren sich ihre fossilen Spuren in Spanien.

3. Während der Eiszeiten sank der Kohlendioxid-Gehalt, dies war jedoch nicht deren Ursache. Hingegen „half“ ein steigender Kohlendioxid-Gehalt, die Erde nach einer Kälteperiode schneller zu erwärmen und die Eispanzer im Norden aufzutauen, deren weiße Oberfläche viel Sonnenwärme zurück ins All reflektiert hatte. Wodurch die Temperaturen noch schneller stiegen.

4. In den Schriften des Heron von Alexandria, der zur Zeit Christi lebte, fand sich neben Weihwasserautomaten und Mehrfach-Katapulten die erste Beschreibung einer Apparatur, die Dampf in Bewegung umsetzte. Über deren Nutzung als Antrieb ist nichts bekannt. https://de.wikipedia.org/wiki/Heron_von_Alexandria

5. Ulrike Herrmann, 2013. Der Sieg des Kapitals: Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen, S. 42

6. Dies ist übrigens auch messbar. Auf unsere Atmosphäre trifft ständig kosmische Strahlung. Dadurch können sich Atome in der Luft verändern. So auch das Kohlestoffatom im Kohlendioxid. Es wird radioaktiv und man bezeichnet es dann als 14C-Isotop. Nach einer Weile zerfällt es wieder (Halbwertszeit 5750 Jahre). Das Kohlendioxid der Biosphäre hat also immer einen gewissen gleichbleibenden Anteil an 14C-Isotopen.
Fossiler Kohlenstoff hingegen lagerte Jahrmillionen im Boden und war abgeschirmt von kosmischer Strahlung. Hier sind keine 14C-Isotope mehr entstanden, so enthält der Kohlenstoff in Kohle, Öl und Gas praktisch keine 14C-Isotope mehr. Messen kann man nun den C14-Anteil in Holz. Und siehe da: jüngere Holzschichten enthalten merklich weniger 14C-Isotope als ältere (man nennt das den „Suess-Effekt“). Bäume lagern bei ihrem Wachstum heute also mehr fossilen Kohlenstoff ein als früher.