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[8] Wird es bei uns in Europa wärmer oder kälter?

Die Klima-Hirtenhunde tanzen aus der Reihe

Der polare ‚Jet-Stream‘ ist eine tolle Sache. Das ist ein Windgürtel, der in großen Höhen um die Arktis wirbelt1. Der Jet-Stream treibt die Hoch- und Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel von West nach Ost, und er hält im Winter die eisige Polarluft zuverlässig an Ort und Stelle wie ein Rudel Hirtenhunde die Schafsherde. Besser gesagt, er tat das, solange er durch den großen Temperaturunterschied zwischen heißen Tropen und kaltem Polarwinter stabilisiert wurde. Leider gehört gerade die Nordpolarregion zu den Gegenden, die sich auf dem Planeten am schnellsten erwärmen. Da jetzt der Unterschied zwischen heißen Tropen und kalter Arktis immer geringer wird, schwächelt auch der Jet-Stream2. Die Hirtenhunde tanzen gewissermaßen aus der Reihe. Dann lässt ein Schwall Polarluft in Kanada und dem Norden der USA den Frost klirren, wie im Winter 2017/18. Oder bei uns, wie im Frühjahr 2017, als es späte Frosteinbrüche gab, die gebietsweise verheerend wirkten, weil die Klimaverschiebung den Frühlingsanfang bei uns ja schon um zwei bis drei Wochen vorverlegt hat. Die Weinstöcke meines Schwagers bei Heidelberg verloren so ihre ersten Triebe komplett und die Ernte fiel später so spärlich aus, dass bei Schwiegervaters Geburtstag Anfang 2018 zum ersten Mal bei einem Familienfest gekaufter Wein ausgeschenkt wurde.

Im Polarmeer lauert eine eiskalte Überraschung

Übrigens schmilzt das Arktis-Warmwetter auch die Grönlandgletscher, und der deshalb anschwellende Süßwasserzufluss schwächt den Golfstrom.
Außerdem verhält sich der Beaufort-Gyre (Beaufortwirbel) im westlichen Polarmeer zwischen Ostsibirien, Alaska und Grönland auffällig. Das rotierende Wasser dreht sich normalerweise im Uhrzeigersinn und sammelt Eis und Süßwasser aus Flüssen und Gletscherschmelze, bis der Wirbel ab- und zu kurz seine Richtung ändert und dieses Eiswasser wieder ausspuckt. Das ist ähnlich wie die Mischtrommel bei der Ziehung der Lottozahlen, sie wird kurz andersherum gedreht und wirft dann die nächste Kugel aus. Seit 1992 beschleunigt sich der Beaufortwirbel unerwartet, seit 2000 noch stärker. Das ist ein Effekt der Arktis-Erwärmung, denn die Eisfläche löst sich auf und zerbricht, und Eisschollen mit Wasser dazwischen geben den Stürmen mehr Angriffsfläche, die den Wirbel antreiben. Er hat dadurch mehr eisiges Süßwasser angesammelt als normal. Irgendwann demnächst wird sich der Wirbel wieder einmal andersherum drehen, diese besonders große Eiswassermenge in den Nordatlantik entleeren und den Golfstrom noch mehr durcheinanderbringen. Dann brechen bei uns frostige Zeiten an.3

Werden unsere Winter in Deutschland klimabedingt bald wärmer? Hier könnte es eiskalte Überraschungen geben, folgenschwerer als Spätfrost im Frühsommer.

Dies übrigens in Spanien, Portugal, Südfrankreich, Italien, Griechenland anders. Dort wird es heißer, und Trockenheit wird im Sommer immer häufiger zum Problem. Hierin sind sich die Klimaforscher ziemlich sicher. 2017 gaben Wassermangel in Rom4 und die gewaltige Waldbrandsaison in Portugal einen Vorgeschmack (siehe [6] Stürme, Dürren, Sintflut, Feuer – das war 2017)


1. Jet Stream ausführlicher erklärt (Englisch): The National Weather Service (USA) http://www.weather.gov/jetstream/jet abgerufen am 12.2.18

2. Der Jet Stream mäandert stärker. Seine Windungen bleiben auch längere Zeit an Ort und Stelle als früher, und so schiebt er auch die Großwetterlagen langsamer voran (Regenfronten, Hitzewellen etc.). Das Wetter bleibt dann über Wochen „hängen“, wie wir in Deutschland in den letzten Jahren beobachten konnten. Ausführlich erklärt in diesem Guardian-Artikel (Englisch): John Abraham (7.4.17): New study links carbon pollution to extreme weather, https://www.theguardian.com/environment/climate-consensus-97-per-cent/2017/apr/07/new-study-links-carbon-pollution-to-extreme-weather?CMP=Share_iOSApp_Other, abgerufen am 12.2.18

3. Ed Struzik (11.12. 2017) How a Wayward Arctic Current Could Cool the Climate in Europe, http://e360.yale.edu/features/how-a-wayward-arctic-current-could-cool-the-climate-in-europe, abgerufen 10.2.18

4. FAZ/ Jörg Bremer (29.08.17) Anhaltende Trockenheit: Rom muss nachts den Wasserdruck reduzieren http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/ungluecke/rom-anhaltende-trockenheit-zwingt-zu-wasserdruck-reduzierung-15174033.html, abgerufen 12.2.18


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